Wert der ‚Negativaffirmation‘ – die Geschichte von Hunna

Weisse Orchidee vor der Grünen Tara

So kam es zu diesem Bericht: Neulich war ich im Austausch mit einem von mir geschätzten Reiki Meister. Dabei erzählte ich ihm eine Geschichte und er meinte, es sei eine so wertvolle Fallstudie, dass ich sie unbedingt veröffentlichen soll. Um das zu tun, muss ich ausholen, Kontext geben. Und so wurde die Geschichte von H … ich nenn sie mal Hunna, zum Auslöser für dies hier.

Gefahr von Affirmationen und ‚positivem Denken‘

Schädliche Glaubenssätze und deren Aufhebung durch positiv formulierte Affirmationen sind landläufige und grundsätzlich nicht falsche Vorstellungen. Also etwa „Ich bin schwach“ wird ‚aufgelöst‘ durch „Ich bin stark“. Oft wird das sogenannte ‚positive Denken‘ auf diese Art angestrebt. Eine der damit verbundenen Gefahren besteht jedoch darin, dass die zwar positiv formulierte Wunschvorstellung eine kontraproduktive Erwartungshaltung in sich birgt. 

„Ich muss immer unter allen Umständen stark sein.“

Das ist fatal. Wie es viele ‚klassische‘ Männer bezeugen können, die bei sich niemals Verletzlichkeit oder gar Schwäche zulassen und letztlich an einer immer grösser werdenden Verhärtung zerbrechen. 

Formulierung ist wichtig. Aber …

Ja, es gibt Regeln wie eine Affirmation formuliert sein soll (Gegenwart, bejahend, etc.) wie auch wir es im Reiki 2 Seminar unterrichten. Das ist eine der kostbarsten Techniken aus der Schatzkiste des Reiki 2. Gottseidank wirkt das reiki harmonisierend auf unterschwellige und schädliche Erwartungshaltungen. Das reiki hebt quasi die Gefahr auf, sodass die Anwedung im Dienste des Bewusstseins sowie der Wirkung zum höchsten Gut der Beteiligten sein möge.  

Das Ziel ist die Befreiung, Gesundheit und Glück. Das sollten wir nicht ausser Acht lassen. Will sagen, die Formulierung in sich ist ein Mittel zum Zweck. Die Heilsamkeit und die Wirksamkeit von Affirmationen besteht darin, dass das Loslassen einer möglicherweise rigiden Grundhaltung und der damit verknüpften Erwartung erreicht wird.

Die Schattenseite ist eine Ressource 

Vor lauter Streben nach Durchsetzungsvermögen – aber auch Hingabe; nach Stärke – aber auch Verletzlichkeit; nach Liebenswürdigkeit – aber auch Selbstverwirklichung (alles durchaus ‚positive‘ Eigenschaften), übersehen wir die Kehrseite. Wir verdammen Aggressivität, Kalkül, Gewaltfähigkeit und Selbsterhaltungstrieb (um nur einige zu nennen).

Zum einen ist das paradox, denn unser Verneinen und Verdrängen solcher vermeintlich ’negativen‘ Eigenschaften stärkt gar deren Macht und erhöhrt die Wahrscheinlichkeit, dass sie in unangebrachten Situation an die Oberfläche zurückdrängen und sich ungewollt in unser Tun einschleichen. 

„What you resist persists“.

Das Zitat stammt von C.G. Jung. Es bedeutet so viel wie: Stemm Dich dagegen und der Widerstand wächst. Jung spricht von der ‚Integration unserer Schattenseite‘. Für Esther Veltheim bietet dieser Prozess die Chance zum ‚Breakthrough‘ (Durchbruch) wie ich mit ihr im RTalk „Aber… Warum!?“ bespreche. Peter Koenig spricht von ‚Reklamationsarbeit‘ im RTalk ‚Quelle‘

Eine vielleicht noch viel schädlichere Wirkung unseres Verdrängens ist, dass überlebenswichtige Ressourcen uns fremd sind oder wir gar den Zugang dazu verlieren. Meist dann, wenn es drauf ankommt. 

Die Wortschöpfung ‚Negativaffirmation‘

Vor Jahren habe ich mit Peter Koenig zusammen ein Seminar in Hamburg gegeben, denn die 7-Schritt Methode in meinem Life Management Seminar und Peter’s Arbeit sind zwei eigene Zugänge zum selben Lösungsprozess. Der Begriff ‚Negativaffirmation‘ ist mir spontan in der nun folgenden Fallgeschichte in den Sinn gekommen. 

Hunnas Befreiung 

Es war ein Reikiabend mit erfahrenen Reiki-Praktizierenden. Sie sassen im Kreise und blickten gespannt auf mich. Ich war geladener Gast und man schien von mir etwas zu erwarten. Ich blickte mich um und sah lauter Reiki-Leute, die alle im Reiki 2 Affirmationen gelernt hatten, die positive Gegenformulierungen eines negativen Glaubenssystem waren. Also, das geschlagene Mädchen, das früh gelernt hat, dass „alle Männer gewaltsam sind“ und die aus der Erfahrung der Gewalt heraus entstandene auf sich selber gerichtete Prägung „Ich bin nichts wert“ verinnerlicht hat. Ergo die Umstülpung und die im Reiki 2 herausgearbeitete Affirmation: „Ich bin eine liebenswerte Frau.“

„Nun“, sagte ich, „Ihr seid ja alle semi-erleuchtet, in Harmonie und allesamt starke und liebenswerte Frauen. Das sagt Ihr Euch ja täglich und schickt reiki an Eure positiven Affirmationen. Wollt Ihr mal etwas Neues erforschen?“ Freudiges Kopfnicken, erwartungsvolles Lächeln. 

„Wer möchte denn mal die Heilkraft einer Negativaffirmation erleben?“  Betretenes Schweigen, denn das schien ganz und gar im Widerspruch zu dem zu sein, was wir im Reiki 2 unterrichteten. Blicke wendeten sich ab, Beine schlugen sich übereinander. 

Hunna trägt Perlenkette
und gefönte Dauerwellen.

Eine Dame stach durch ihre teures Äusseres besonders heraus. Hunna. Channel Deux-piece. Elegant, wohlhabend. 50-55 Jahre alt. Sie blickte nicht weg als ich sie ansah, erwiderte mein Lächeln ganz anständig. Ich fragte sie, ob sie denn ein Experiment mit mir wagen wolle. Sie bejahte und ich wandte mich ihr ganz zu und blendete alle anderen Anwesenden aus. 

„Danke Hunna für Dein Vertrauen. Bitte sag doch mal den Satz: ‚Ich bin eine Schlampe‘.“ 

Totenstille im Raum. Eisiger Schock.

Hunna aber schaute mir nachwievor direkt in die Augen und sagte ohne mit der Wimpern zu zucken und in ruhiger Stimme: „Ich bin eine Schlampe.“

„Bitte wiederhole den Satz doch nochmals.“ Sie tat es genauso neutral als ob sie aus einer Zeitung vorläse. 

„Noch ein drittes Mal bitte.“ Dieselbe Stimmlage, derselbe Gesichtsausdruck. Vielleicht huschte jetzt erstmals ein Hauch eines Fragezeichens über ihr Gesicht. 

„Ich bin eine Schlampe.“

„Den Satz kennst Du, nicht wahr? Es ist ein alter Bekannter, der Dich ein Leben lang begleitet hat, nicht wahr? Sag ihn doch nochmals bitte.“

Sie tat wie gebeten. Jetzt allerdings kam Leben in ihr auf. Nicht wegen dem Satz als solches, sondern weil ich sie darauf aufmerksam machte, dass dieser Satz seit eh und je präsent gewesen ist und sie sich so an ihn gewöhnt hatte, er so allgegenwärtig war, dass sie ihn – wie ständige Hintergrundsmusik – nicht einmal mehr wahrnahm. Diese Erkenntnis überraschte sie und das Fragezeichen war nun hörbar als ich sie ein weiteres Mal bat, den Satz zu sagen. 

„Gut,“ sagte ich, „Magst Du den nächsten Schritt tun in unserem Experiment? Traust Du Dich?“

Sie nickte, ich bat sie den Satz nochmals zu sagen und kaum hatte sie ihn beendet, befahl ich ihr: „Sag’s nochmals und füge ‚und das ist gut so‘ dazu.“ 

Sie kam etwa zum Wort „… eine“ als sie anfing zu grinsen. Bei der „Schlampe“ konnte sie sich kaum erholen vor lauter Lachen und bei „und das ist gut so“ konnte der ganze Raum ein Wunder beobachten: Alles in dieser Frau entspannte sich, sie lachte nur noch lauthals vor sich hin und wiederholte immer wieder „und das ist gut so“. 

Und das ist gut so. 

Als Gruppenleiter hatte ich ein tolles Erlebnis: Fast zeitgleich mit Hunna fuhr es bei einer oder zwei Frauen auch ein und sie gingen durch den selben Prozess: sie spürten in ihren eigenen Körpern wie sich etwas löste und Wellen von Glücksgefühlen aufkamen. Dann folgten weitere und fingen auch an, zu lachen. Erst verhalten und sich umblickend. Nach kurzer Zeit lachten etwa die Hälfte der Anwesenden und sie spürten die Heilwirkung, die Befreiung in ihrem eigenen Wesen, die Hunna erfuhr. Die andere Hälfte war konfus und verunsichert. 

Ich erklärte dann, dass jede Zelle in Hunna ein Leben lang sich gesperrt und gewehrt hatte gegen’s Schlampe sein – und mit dem Widerstand nährte es sich und wurde immer stärker (what you resist will persist). Ich erklärte, dass Hunna  ein Leben lang alles getan hatte, sich verbog und verkleidete und jetzt, mit einem einzigen grossen und anhaltendem Gelächter, gab sie sich bis in den tiefsten Kern und jede Faser ihrer Existenz hinein, die Freiheit, eine Schlampe sein zu dürfen. Ihr Channel Kostüm würde zukünftig nicht mehr etwas zwanghaftes sein, sondern kann nun in vollen Zügen und mit Freuden genossen werden. Und sollte sie jemals versehentlich im Schlafanzug in die Stadt fahren, würde sie so freudvoll lachen wie gerade eben (wo sie sich in der Vergangenheit geschämt und geärgert hätte).

Das ist die Kraft der Negativaffirmation. 

Wenn Reiki (mit grossem R) geschrieben steht, ist Lehre und Praxis gemeint, und reiki (mit kleinem r und kursiv) bezieht sich auf das energetische Phänomen oftmals als die Reiki-Energie bezeichnet.

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