Suizid / Depression / Selbstverletzungen / Psychopharmaka –
nach der Klinik die Reintegration (Nov. 2002 – Sept. 2004)

Zeitraum: 20.05.2012
Bereich(e): Psyche, Suizidgedanken

Von Bianca (Name geändert) ca. 6-8 Monate nach ihrem Reiki I Seminar:

seit ich (im November 02) im reiki-seminar war haben sich viele dinge sehr zum positiven geändert, nun könnte man darüber diskutieren, was alles mit dem reiki zusammenhängt. nun, ich mache mir diese gedanken oft, denn es ist schon auffallend, dass sich 4 jahre eigentlich fast gar nichts (zum positiven) verändert hatte (vor allem meine stimmung betreffend) und mein leben sich seit dem seminar, das kann ich sagen, um 180 grad gedreht hat. doch ich muss ja nicht alles erklären können und bin jetzt einfach glücklich darüber, dass es so ist.

seit dem seminar gebe ich mir, wenn immer möglich, jeden tag eine vollbehandlung und lege mir zusätzlich auch immer wieder die hände auf den bauch oder auf eine stelle die mir weh tut. beim fernsehen, im zug, bei gesprächen, ….

seit dem januar lebe ich wieder zu hause, nach 4 jahren klinik, und bin stabil. ich hatte anfangs noch einige kleinere einbrüche, doch ich musste seit januar nie wieder, auch nur für einen tag, stationär aufgenommen werden. ich gehe im moment noch einen tag pro woche in die klinik, für gespräche mit meiner ärztin und den betreuern.

ich habe, wie meine ärztin meinen eltern mitteilte, keine kranken anteile mehr und das, obwohl mich, wie ich erfuhr, viele schon aufgegeben hatten. ich glaube, dem kann man so sagen. man müsse zwar noch etwas vorsichtig sein, doch ich sei stabil.
vor drei monaten reduzierten wir auch meine medikamente auf die hälfte und werden das eine medikament in einem monat vielleicht sogar langsam ganz absetzen.
was auch neu dazu kam ist, dass ich seit drei monaten arbeite. eigentlich war ich in einer geschützten werkstätte in der klinik angemeldet. doch nun habe ich einen job in einem restaurant bei uns im dorf. ich arbeite als aushilfe in der küche. diese arbeit bereitet mir grosse freude und auch das team ist sehr nett. ich glaube niemand, nicht einmal ich selbst, hätte noch vor einem halben jahr gedacht, dass ich einmal so gut klar komme mit einem job „draussen“, der nichts mit der klinik zu tun hat.

sehr wahrscheinlich werde ich im nächsten februar mit der erwachsenenmatura (erwachsenenabitur) beginnen, was ein grosses ziel für mich ist.

auch im zwischenmenschlichen läuft es sehr gut. dadurch dass auch ich ausgeglichener bin, habe ich im moment im grossen und ganzen ein sehr gutes verhältnis zu meinen eltern. auch darf ich seit einem halben jahr die erfahrung einer beziehung machen. ich habe eine freundin.
ich glaube, dass die bedingung, dass jetzt alles so gut läuft, ist, dass sich meine einstellung zum leben, vor allem zu meinem eigenen leben, total geändert hat.
nachdem ich mich 4 jahre lang fast nur mit dem tod, d. h. mit suizid und anderen destruktiven handlungen, auseinandergesetzt hatte, bin ich nun, auch wenn das jetzt vielleicht etwas merkwürdig klingt, ein sehr positiv denkender mensch.
ich möchte einige gedanken aufschreiben:
ich nenn es ein grosses glück, dass ich JETZT, genau in diesem moment, unter diesen mitmenschen, in dieser umgebung und dieser umwelt, leben darf und will diese zeit die ich habe, positiv und sinnvoll nutzen. ich möchte dinge verändern, was ich auch tue, schon nur durch das, dass ich lebe. jeder verändert dinge, dadurch dass er/sie/es lebt.
ich bin glücklich darüber, dass ich genau diese menschen kenne, die ich kenne. dass ich mitmenschen habe, die ich liebe. dass ich nach draussen gehen kann, wann immer ich möchte.
auch wenn es manchmal schwierig ist, mit gefühlen klarzukommen, ist es doch ein grosses glück, hier zu sein. das leben hier, auf dieser welt ist kurz, auch deshalb möchte ich es geniessen und einige dinge erreichen. ich möchte mit 80 sagen können, was ich alles erlebt und erreicht habe. ich will mich dann nicht fragen müssen, wofür ich eigentlich gelebt habe.

ich könnte bücher so weiter schreiben, doch ich hoffe, dass du gemerkt hast, was ich mit dem geschriebenen meine. es ist nicht irgendein auswendiggelernter möchte-gern-text. es kommt von herzen. es ist meine lebenseinstellung, die ich vielleicht
gerade dadurch, dass ich mich jahrelang nur mit dem tod beschäftigt habe, erlangt habe.

so, nun habe ich viel erzählt. ich weiss, es ist sehr dicht, was ich geschrieben habe. ich hoffe, dass es dich dennoch interessiert hat…Im September 2004 schreibt Bianca wieder:

….ja, es gibt einige neuigkeiten: also ich erzähle einfach mal wieder ein bisschen.

seit diesem jahr hat sich enorm viel verändert. am 1. januar bin ich zu hause ausgezogen. ich habe eine wohnung für mich allein und geniesse es sehr. es ist mir wohl hier. eine gemütliche dachwohnung. (habe die räume harmonisiert) ich bin völlig selbstständig. das ging jetzt sehr schnell. war ich doch vor 1 1/2 jahren noch voll in der klinik, dann bei meinen eltern. ich bin froh, auch finanziell nicht mehr abhängig zu sein. ich habe im moment Invalidenunterstützung. ohne dieses geld wäre es wohl kaum möglich, meine leben so zu gestalten, wie ich es tue.

anfang februar habe ich mit der schule begonnen – ich mache die erwachsenen-matura. das erste semester habe ich nun bereits hinter mir. es läuft super. ich hatte auch keine „startprobleme“, was viele erwartet hätten, da ich ja während 5 jahren überhaupt nichts schulisches gemacht hatte. im ersten semester war immer samstags den ganzen tag schule, nun zusätzlich jeweils am mittwoch-abend. die klasse finde ich cool. und was ich besonders geniesse ist, dass ich einfach eine von denen bin. die klassenkollegInnen und leherInnen wissen zwar, dass ich „psychische probleme“ hatte (einige wissen auch, dass ich noch therapie mache), doch niemand weiss genaueres. es ist einfach unwichtig. ich bin nicht anders (im sinne von „nicht so belastbar“, o.ä.). die schule geht jetzt noch drei jahre.

ich gebe mir jeden tag eine vollbehandlung. das tut mir sehr gut. auch wenn ich unterwegs bin, ich lege immer wieder die hände auf eine körperstelle. oft merke ich das gar nicht. es gehört einfach zu mir, zu meinem leben. auch das harmonisieren von lebewesen und gegenständen, oder das reiki-schicken – reiki ist einfach ein wichtiger teil in meinem leben.

ich gehe noch immer zu gesprächen in die klinik – zwei-, dreimal pro woche. es tut mir gut. doch übernachtet habe ich seit 1 1/2 jahren nie mehr dort. seit dem letzen herbst habe ich nur noch ein medikament und geht mir sehr gut so.

ich spiele sehr intensiv klavier, wenn möglich so zwei stunden pro tag. ich brauche die musik. sie ist (m)ein mittel um mich auszudrücken. wenn ich an einem tag nicht spielen konnte, fehlt einfach etwas. warme abende verbringe ich oft mit meinem didgeridoo am see, spiele, schreibe, schaue, geniesse, …
ja, zu schreiben habe ich auch wieder begonnen. gedichte, oder einfach gedanken. ich schreibe über musik, achtsamkeit, wandel, leiden, verbundenheit, …

jeden tag laufe ich, meist am see, häufig setze ich mich dann noch irgendwo hin und schreibe oder nehme einfach wahr. so kann ich richtig kraft tanken. oft stehe ich ans wasser und lasse die ganze schönheit in mich hineinfliessen. ich stehe dann da und bedank mich. beim wasser, beim boden, beim wetter, bei den pflanzen, tieren,… habe das gefühl in diesen momenten völlig offen zu sein und lasse diese schönheit und liebe der umgebung hineinfliessen. und laufe dann völlig auftankt wieder zurück.

laufen hat für mich eine noch grössere bedeutung bekommen. vor den sommerferien musste ich ins spital, meine beine funktionierten nicht mehr. ich konnte nicht mehr laufen. das ging 10 tage so. ich brauchte den rollstuhl. es mussten viele untersuchungen gemacht werden, denn die symptome passten in eine ganze palette von krankheiten, doch nirgends richtig. die gefährlichen krankheiten wie ms, tumor, infektionen konnten so zum glück ausgeschlossen werden. inzwischen ist mein laufen wieder wie immer (kann jedoch keinen sport machen). die ärzte konnten nichts finden.

musik, laufen, schreiben, usw. ich brauche diese dinge, um weiterzumachen. es geschieht wahnsinnig viel. auch sehr schmerzhaftes, wo ich immer wieder schauen muss, nicht überschwemmt zu werden.

ich weiss nicht, ob ihr das mit meiner Partnerin erfahren habt. Sie- sie hatte im letzten november das reiki1- seminar gemacht. sie war ein halbes jahr meine freundin. im januar ist sie gestorben.

ich weiss nicht, was ich dazu schreiben soll. ich finde keine worte, die geeignet sind. ich hoffe einfach, dass es ihr gut geht. mit ihr selbst. in ihr. ich wünsche es ihr von ganzem herzen.

nun finde ich keine worte mehr, um weiterzuschreiben. ich wünsche euch von herzen ein gute zeit.